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Ökostrom: Große Unterschiede bei Labels
Ökostrom liegt in Deutschland seit Jahren im Trend. Da es inzwischen eine wahre Flut von grünen Tarifen gibt, wird es für Verbraucher allerdings immer schwieriger, den Überblick zu behalten und ein gutes Produkt zu finden. Experten empfehlen deshalb schon lange, sich an so genannten Ökostrom-Siegeln oder Ökostrom-Labels zu orientieren. Das Problem: Auch bei den Labels selbst ist die Situation inzwischen recht unübersichtlich, da immer wieder neue Siegel hinzukommen. Der Marktwächter Energie hat die gängigen Ökostrom-Zertifikate daher näher untersucht und miteinander verglichen. Ergebnis: Längst nicht jedes Label steht wirklich für ein gutes Produkt.
Insgesamt hat die Verbraucherzentrale Niedersachsen zwölf verschiedene Ökostrom-Zertifikate analysiert. Nur zwei davon konnten als sehr empfehlenswert bzw. empfehlenswert eingestuft werden: das so genannte Grüner-Strom-Label und das Zertifikat ok-power. Drei weitere Labels erhielten zumindest die Bewertung bedingt empfehlenswert. Sieben Labels waren dagegen gar nicht zu empfehlen, darunter auch mehrere Standards der TÜV-Gesellschaften.
„Das Hauptproblem vieler Labels ist, dass sie dem Kunden keinen ausreichenden ökologischen Mehrwert garantieren können“, erklärt Claudia Kalinka, Energieexpertin im Projekt Marktwächter Energie der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Der ökologische Mehrwert sei gewissermaßen das Herzstück eines Ökostrom-Siegels und deswegen bei der Bewertung der Verbraucherzentrale auch das wichtigste Kriterium.
Ökostrom kann auch aus sehr alten Anlagen stammen
Hintergrund: In der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik an einzelnen Energieversorgern, weil diese ihren Kunden zwar Strom aus erneuerbaren Energien anbieten, diesen jedoch ausschließlich aus sehr alten Anlagen beziehen, beispielsweise Wasserkraftwerken in Skandinavien. Es handelt sich also um Strom, der bereits seit Jahrzehnten Teil des allgemeinen Strommixes war und somit von allen Kunden genutzt werden konnte. Im Rahmen der Ökostrom-Vermarktung wird dieser Grünstrom dann plötzlich umverteilt und als separates Produkt verkauft. „Für die Umwelt ist dadurch natürlich noch nichts gewonnen“, erklärt Kalinka, „es werden schließlich keine neuen regenerativen Kraftwerke gebaut.“
Viele Verbraucher wünschen sich jedoch genau das: Sie entscheiden sich gerade deshalb für Ökostrom, weil sie damit den Ausbau der erneuerbaren Energien fördern und die Energiewende vorantreiben möchten. Über die so genannte EEG-Umlage werden zwar ohnehin alle Stromkunden an der Finanzierung der Energiewende beteiligt, viele möchten durch den gezielten Bezug von Grünstom jedoch einen weiteren Beitrag leisten.
Genau an dieser Stelle setzen die Ökostrom-Labels an: Die Siegel sollen Stromkunden dabei helfen, Angebote zu finden, die nicht nur umweltverträglich erzeugt wurden, sondern zusätzlich einen ökologischen Mehrwert haben, weil ein Teil der Einnahmen in erneuerbare Energien investiert wird. Sie dienen also als eine Art Gütesiegel, das Ökostrom-Anbieter nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen nutzen dürfen.
Bei manchen Labels sind die Anforderungen eher vage
Wie genau der zusätzliche Umweltnutzen erreicht werden soll, ist allerdings von Label zu Label unterschiedlich. Aus Sicht der Verbraucherzentrale war es daher wichtig, die Anforderungen der einzelnen Siegel genau zu überprüfen und kritisch zu hinterfragen. „Wenn den Kunden beispielsweise zugesagt wird, dass der Ökostrom-Anbieter einen Teil seiner Einnahmen in neue Anlagen investiert, aber keine Summe festgelegt wird, ist das aus unserer Sicht einfach nicht ausreichend“, erläutert Kalinka. „Im Extremfall könnte ja sonst ein Anbieter kommen und sagen ,Hallo, ich habe einen Euro investiert, bitte gebt mir euer Label‘.“
Neben dem zusätzlichen Umweltnutzen hat die Verbraucherzentrale noch weitere Kriterien für die Bewertung der Ökostrom-Zertifikate herangezogen, beispielsweise ihre Unabhängigkeit und Transparenz. Die vollständige Übersicht über die Labels inklusive Bewertung ist unter www.marktwaechter-energie.de/oekostrom-labels abrufbar.
Darüber hinaus steht auf der Website ein ausführliches Dossier zur Verfügung, in dem die verschiedenen Kriterien zur Bewertung von Ökostrom-Zertifikaten näher erläutert sind und sämtliche Labels in einer Bewertungsmatrix gegenübergestellt werden.